Architektur, Ingenieur- und Bauwesen

Orms belebt ein Gebäude aus den 1970er Jahren als Boutique-Hotel neu – mit Adaptive Reuse Architektur

Mit Hilfe von nachhaltigen Verfahren transformieren Architekten eine veraltete Bausubstanz

Orms funktionierte eine hässliche Betonburg aus den 1970er Jahren in ein modernes Boutique-Hotel um (Video: 3:58 Min.)

  • Bei der Adaptive Reuse Architektur wird ein bestehendes Gebäude umfunktioniert. Veralteten Bauwerken wird neues Leben eingehaucht, mit gleichzeitiger Rücksicht auf Nachhaltigkeit und Bauerbe.

  • Im Londoner Kings Cross-Viertel steht das moderne Boutique-Hotel The Standard London. Im Rahmen eines Adaptive Reuse Projekts verwandelte das britische Architekturbüro Orms die hässliche Betonburg aus den 1970er Jahren in ein modernes Boutique-Hotel.

  • Für den ambitionierten Entwurf, der das Gebäude um drei zusätzliche Stockwerke erweiterte, verwendete das Projektteam Autodesk Revit mit 3D-Modellierung und digitalen Zwillingen, um die Grundstruktur eines bestehenden Gebäudes zu erhalten, das Gewicht der drei neuen Stockwerke zu stützen und Energiesysteme für eine optimale Nachhaltigkeit zu entwerfen.

Im lebhaften Londoner King’s Cross-Viertel renovierte und gestaltete das britische Architekturbüro Orms ein veraltetes Bürogebäude aus dem Jahr 1974 in ein 266 Zimmer umfassendes Boutique-Hotel mit Namen The Standard London um. Das zwischen zwei großen Bahnhöfen gelegene bestehende Gebäude war eine ehemals städtische Einrichtung und wurde im architektonisch bedeutsamen brutalistischen Stil gebaut.

Als federführender Berater des Projekts war das Orms-Team für die architektonische Außengestaltung und den Gebäudekern verantwortlich. Mit Hilfe von Adaptive Reuse (Englisch) blieb ein möglichst großer Teil des bestehenden Gebäudes als architektonisches Erbe aus der Nachkriegszeit erhalten. Davon ausgehend wurde das Gebäude erweitert und umfassend umgestaltet. Das kühne Design verfügt über drei zusätzliche Stockwerke, in denen sich ein Restaurant, eine Bar und eine Dachterrasse befinden.

Wenn denkmalgeschützte Gebäude umfunktioniert werden, dann ist jedes Projekt einzigartig – es gibt keine Prototypen, an denen man sich orientieren könnte. Mit Autodesk Revit, 3D-Modellierung und digitalen Zwillingen (Englisch) erstellten Orms und die auf Gebäudetechnik und Statik spezialisierten Beraterfirmen Arup und Heyne Tillett Steel einige Modelle der hochkomplexen Gebäudestrukturen, integrierten die bestehenden Systeme und erarbeiteten Pläne für Heizung, Kühlung, Belüftung und Beleuchtung, um die Nachhaltigkeit zu optimieren. Mit diesen Technologie-Tools und adaptiven Ressourcen verwandelte das Projektteam ein veraltetes Gebäude in ein modernes, stilgerechtes Londoner Flaggschiff für eine moderne internationale Hotelgruppe.

Sehen Sie sich das Video an, um zu erfahren, wie Orms dieses Architekturprojekt für Adaptive Reuse in Angriff genommen hat.

[Videotranskript]

Christian Natterodt, Teilhaber/Projektarchitekt, Orms: Die Baubranche allein ist für ein Drittel aller Abfälle auf diesem Planeten verantwortlich. Wir können nicht weiter Gebäude abreißen und neue bauen. Es gibt viele verschiedene Projekte, bei denen wir Anpassungen vornehmen, den CO2-Verbrauch beim Bau senken und etwas Neues und Schönes schaffen können.

Das Hotel The Standard London ist eines dieser erstaunlichen Urlaubshotels. Das Hotel empfängt Sie mit offenen Armen und vermittelt ein Gefühl der Gastfreundschaft, was sich auch in der Architektur wiederspiegeln soll.

Das Gebäude stammt aus den 1970er Jahren. Ein heruntergekommenes Gebäude, das nicht mehr modernen Ansprüchen genügt. Viele Menschen würden so etwas am liebsten abreißen. Wie also können wir das im Gebäude gebundene CO2 einsparen, die Baukosten niedrig halten und das Gebäude, das auch Teil der Stadtgeschichte ist, zu etwas ganz Besonderem machen?

Andrew Middlebrook, leitender Statiker, Heyne Tillet Steel: Jede Sanierung verläuft anders, wodurch sie umso interessanter wird. Man kann nicht immer genau den gleichen Ansatz wählen.

Natterodt: Wir haben es mit einem Betonkern mit Betonfassade und zwei Kellergeschossen zu tun. Diese komplexen Formen kann man zwar in 2D zeichnen, aber erst in 3D richtig verstehen.

Im Bauwesen gibt es keinen Prototyp. Jedes Gebäude, das wir bauen, ist zugleich Prototyp und Endprodukt.

Dank [Autodesk] Revit und 3D-Modellierung können wir komplexe Formen wesentlich besser verstehen. Mithilfe eines digitalen Zwillings (Englisch) können wir jeden einzelnen Aspekt detailliert betrachten. Wir können das Modell drehen und uns mit dem Statiker und allen anderen abstimmen, bevor wir überhaupt auf der Baustelle anfangen.

Middlebrook: Wir haben so viel wie möglich recherchiert, um die Grundstruktur des Gebäudes zu finden. Dann haben wir mit Revit ein vollständiges 3D-Modell erstellt. Und dadurch konnten wir vom bestehenden Gebäude sehr viel erhalten.

In Revit kann man den Materialien Eigenschaften zuweisen, beispielsweise das enthaltene CO2. Dadurch können wir berechnen, wie viel CO2 beim Bauen anfällt.

Michael Stankiewicz, leitender Maschinenbauingenieur, Arup: Wenn wir Gebäude im Rahmen einer Sanierung entwerfen, stoßen wir schnell an Grenzen. Um mehr Nachhaltigkeit zu erreichen, müssen wir die Heizung, Kühlung, Belüftung und Beleuchtung bis ins kleinste Detail verstehen und wirklich planen, wie wir Energie überall dort nutzen können, wo sie gebraucht wird. Ein Tool wie Revit bedeutet, dass wir Energiesysteme planen und extrem effiziente Gebäude entwerfen können.

Natterodt: Wir müssen sicherstellen, dass die Gebäude, die wir jetzt bauen, auch in Zukunft noch anpassbar sind. Die Dokumentation muss so aufgestellt sein, dass Bauelemente wiederverwendet werden können.

Middlebrook: Wenn wir Daten gemeinsam nutzen, schnell und online arbeiten, Kollisionserkennungen durchführen und das Gebäude gemeinsam bauen wollen, dann ist Revit unumgänglich.

Christian Natterodt: Wiederverwendung und Umbauten werden die architektonischen Aufgaben der Zukunft sein. Wir können Gebäude, die zu einer anderen Zeit und für andere Zwecke geplant wurden, wieder zum Leben erwecken und damit ihre Zukunft für die nächste Generation sichern.