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Eine automatisierte Animationspipeline sorgt bei Gearbox Software für Effizienz und Spitzenleistungen

Dank einer automatisierten Pipeline konnten Spielentwickler in der Hälfte der Zeit viermal mehr filmisches Gameplay erstellen.

Vier Figuren aus „New Tales from the Borderlands“ verbünden sich vor postapokalyptischer Szenerie.

Mithilfe einer maßgeschneiderten, automatisierten Kino-Pipeline konnte der Spieleentwickler Gearbox den Titel New Tales from the Borderlands in kurzer Zeit und erstaunlicher Qualität entwickeln. Mit freundlicher Genehmigung von Gearbox Software/2K Games.

  • Für das aktuelle Spiel New Tales from the Borderlands hatte Gearbox Software nur 2 Jahre Zeit, um 12 Stunden filmisches Gameplay zu kreieren – früher hätte es 4 Jahre gedauert, 3 Stunden Material zu produzieren.

  • Durch die Automatisierung logistischer Aufgaben konnte Gearbox den Zeitbedarf für Entwicklung und Überprüfung drastisch verringern, menschliche Fehler reduzieren und die Work-Life-Balance der kreativen Teammitglieder verbessern.

  • Dank der speziell konzipierten Animationspipeline mit Autodesk Maya und Flow Production Tracking können Künstler jetzt 50 % mehr Zeit für ihre kreativen Aufgaben nutzen anstatt für Logistik.

Die Entwicklung eines immersiven Spiels in kurzer Zeit

Die Grenze zwischen modernem Gaming und Kino ist hauchdünn. Dank fesselnder Erzählungen, ausgefeilter Grafik und modernster 3D-Animation fühlen sich Videospiele heute wie Kinofilme an. Großartige Videospiele bieten sogar etwas, was Filme niemals erreichen können: völlige Immersion. Wer einen Film ansieht, bleibt selbst immer Zuschauer. Wer jedoch ein Videospiel spielt, bekommt das Gefühl, mittendrin zu sein.

Das ist Gearbox Software mit New Tales from the Borderlands zweifellos gelungen. Die 2022 veröffentlichte neueste Episode des beliebten Borderlands-Franchise erzählt die Geschichte von drei Zivilisten, die versuchen, in der vom Krieg zerrütteten Stadt Meridian City zu überleben. Die wohlmeinende Wissenschaftlerin Anu, ihr Bruder Octavio und die streitbare Geschäftsfrau Fran müssen Monster und Kriminelle bekämpfen, um ihre Träume und Wünsche zu verwirklichen.

Szene im Spiel „New Tales from the Borderland“ mit einem Auto, das durch eine Werbetafel kracht.

Die Spieler bestimmen, welche Entscheidungen die Figuren im bombastischen, filmreif inszenierten Abenteuer New Tales from the Borderlands treffen. Mit freundlicher Genehmigung von Gearbox Software/2K Games.

New Tales from the Borderlands ist jedoch nicht nur aufgrund von Figuren und Geschichten bemerkenswert, sondern auch aufgrund des Spielablaufs. Anders als in herkömmlichen Spielen, bei denen die Spieler eine festgelegte Abfolge von Ereignissen von Anfang bis Ende durchlaufen, bestimmen die Spieler in New Tales from the Borderlands, welche Entscheidungen die Figuren treffen und folglich, welches Schicksal auf sie wartet.

Laut Gearbox kann jede Entscheidung der Spieler beeinflussen, wie sich die Geschichte entfaltet – oft auf unerwartete Weise, mit tiefschürfenden, immersiven Szenen, Mini-Spielen und Sequenzen mit kompletter Bewegungsfreiheit. Da die Spieler selbst die Entscheidungen treffen und so Figuren, Umgebung und Ereignisse des Spiels prägen, werden sie in New Tales from the Borderlands zu Schöpfern.

Aber wie erging es den eigentlichen Spieleentwicklern, den 3D-Künstlern und Animatoren, die dieses Abenteuer zum Leben erweckt haben? Um ein derart interaktives Spiel zu schaffen, mussten sie eine große Menge qualitativ hochwertiger Inhalte produzieren. Und um der Nachfrage nach einem neuen Titel der Borderlands-Serie nachzukommen, musste dieser sehr schnell produziert werden. Das Team der 15 Animatoren hatte nur zwei Jahre Zeit, um 12 Stunden filmisches Gameplay zu produzieren, so Marion Guignolle, Lead Technical Design Animator des Gearbox-Studios in Québec.

„In der Regel dauert es drei bis vier Jahre, drei Stunden Material zu erstellen“, sagt Guignolle, die auch eine Erklärung für das hohe Produktionstempo ihres Teams hat: Automatisierung.

Automatisierung für eine produktivere Pipeline

In der Welt der Medien und Unterhaltung geht es stets darum, mehr, bessere und schnellere Inhalte zu erstellen. Um diesen Anforderungen gerecht zu werden, hat das Gearbox-Studio in Québec mithilfe von Autodesk Maya und Flow Production Tracking (vormals ShotGrid) eine maßgeschneiderte automatisierte Pipeline für filmische Animationen von Grund auf speziell entwickelt.

So funktioniert die Pipeline: Zunächst erstellen Autoren ein Erzählskript, das in ein Storyboard mit Illustrationen wie bei einem Comic übersetzt wird. Als Nächstes wird das Storyboard in ein Layout übertragen, das dessen Animationsblocks im Raum darstellt. Anhand des Layouts können sich die Schauspieler dann bei Motion Capture-Aufnahmen korrekt positionieren, sodass ihre Bewegungen aufgezeichnet werden können, um daraus die animierten Figuren des Spiels zu erstellen. Die Motion-Capturing-Daten werden in Flow Production Tracking erfasst, dann werden Szenen für Animatoren generiert und diesen ein Arbeitsvolumen zugewiesen. Animatoren erstellen Szenen in Maya und exportieren sie zurück in Flow Production Tracking, wobei sie in der Game-Engine des Entwicklers an der richtigen Position platziert werden. Flow Production Tracking ermöglicht bei jedem Schritt des Prozesses eine schnellere und einfachere Überprüfung von Szenen und Objekten. Da alles integriert ist, werden bei Änderungen an einer Szene während des Überprüfungsprozesses alle zugehörigen Objekte entsprechend aktualisiert, was Zeit spart.

Bildschirmkopie der Entwicklung einer Spielefigur aus „New Tales from the Borderlands“ mithilfe von Maya und ShotGrid.

Die automatisierte Pipeline integriert Flow Production Tracking mit Maya und anderen Werkzeugen, die täglich von Künstlern verwendet werden, und verkürzt so Entwicklungszeiten und Prüfzyklen. Mit freundlicher Genehmigung von Gearbox Software/2K Games.

Die automatisierte Objektverwaltung (Englisch) in Flow Production Tracking und Maya ist laut Guignolle der Schlüssel des gesamten Arbeitsablaufs. Animatoren verlieren keine Zeit mehr damit, Aufgaben manuell abzurufen und Dateien zu verwalten. Stattdessen werden Aufgaben und Dateien automatisch zur richtigen Zeit an die richtige Person weitergeleitet, wobei die entsprechenden Referenzobjekte bereits angehängt sind. New Tales from the Borderlands war das erste Projekt, bei dem Gearbox die neue Pipeline verwendete und dadurch viel Zeit sparen konnte.

„Normalerweise müssen Animatoren ihre Szene erstellen, die Medien importieren und so weiter“, sagt Guignolle. „In diesem Fall konnten sie aber mindestens 30 Minuten bis eine Stunde pro Tag an manueller Arbeit einsparen, weil Flow Production Tracking das automatisierte.“

Nehmen wir eine hypothetische Szene mit 12 Soldaten, drei davon mit Sprechrollen. Normalerweise müssten die Animatoren jeden Soldaten manuell benennen und dann den richtigen Soldaten die richtigen Audio- und Animationsspuren zuweisen. Dies würde bis zu zwei Stunden dauern. Flow Production Tracking kann diese Aufgaben nun in wenigen Augenblicken erledigen.

Höherwertigere Ergebnisse und zufriedenere Mitarbeiter

Bei einem Projekt wie New Tales from the Borderlands ist der offensichtlichste Vorteil der Automatisierung die Geschwindigkeit. Ein ebenso wichtiger Vorteil sei jedoch die Qualität, erklärt Guignolle und führt menschliche Fehler als ein großes Problem bei komplexen und schnell ablaufenden Projekten an.

„Wir sind schließlich Menschen, und die verschiedensten Gründe können dazu führen, dass wir eine Aufgabe nicht optimal erledigen“, sagt sie. „Die Automatisierung der Szenen durch Flow Production Tracking hat den Zeitbedarf reduziert, aber ebenso die Fehlerquote, da wir viele Validierungen in die Pipeline integriert hatten.“

Da Gearbox New Tales from the Borderlands während der COVID-19-Pandemie mit Teams in Québec und Vancouver entwickelt hat, war die verbesserte Zusammenarbeit ein weiterer Vorteil. Durch die Verwendung des cloudbasierten Flow Production Tracking zur Automatisierung von Arbeitsabläufen über verschiedene Standorte und Zeitzonen wurde die Remote-Teamarbeit und -Kommunikation verbessert. Dank eines Remote-Tools zur Überwachung der Produktionsabläufe funktionierte die Pipeline auch mit einer Vielzahl von Desktop-Umgebungen und Benutzern.

Eine Roboterfigur aus dem Spiel „New Tales of the Borderlands“.

Der neueste Titel im Borderlands-Franchise zeichnet sich durch eine Vielzahl bereits bekannter als auch neuer Figuren aus, darunter einen mörderischen Roboter mit komödiantischen Ambitionen. Mit freundlicher Genehmigung von Gearbox Software/2K Games.

Für die Animatoren ist der größte Vorteil der Pipeline wohl die verbesserte Work-Life-Balance, da Teammitglieder in weniger Stunden mehr Arbeit erledigen können. „Auf dem heutigen Arbeitsmarkt ist die Lebensqualität oft wichtiger als andere Aspekte, wie etwa das Projekt, an dem Sie arbeiten, oder die Höhe der Bezahlung“, sagt Guignolle und fügt hinzu, dass die Pipeline für filmische Animationen von Gearbox die Unternehmenskultur stärkt, um mehr und bessere Mitarbeiter anzuziehen. „Da die Zusammenarbeit mit dem Management so einfach ist, wenn man Urlaub beantragen möchte, ist Gearbox sehr beliebt. Man muss sich keinen Stress machen.“

Zudem sei die Arbeitszeit besonders erfüllend. Bevor Gearbox den Arbeitsablauf für filmische Animationen implementierte, verbrachten die digitalen Künstler schätzungsweise 60 % ihrer Projektzeit mit logistischen Aufgaben wie Dateimanagement und nur 30 % mit kreativen Aufgaben wie Animation, während die restlichen 10 % für administrative Aufgaben wie E-Mails aufgewendet wurden. Heute verbringen die digitalen Künstler bei Gearbox 60 % ihrer Zeit mit kreativer Arbeit, 30 % mit Logistik und 10 % mit Administration.

Eine Roboterfigur aus dem Spiel „New Tales of the Borderlands“.

Dank der automatisierten Animationspipeline können sich die digitalen Künstler mehr auf ihre kreative Arbeit anstatt auf die Logistik konzentrieren. Mit freundlicher Genehmigung von Gearbox Software/2K Games.

„Die bei der Verwaltung von Medien für die Szene gesparte Zeit können sie jetzt für die Produktion verwenden“, sagt Guignolle. Auch in anderen datenzentrierten Branchen (Englisch) bietet Automatisierung die gleichen Vorteile wie bei der Spieleentwicklung. „Bei allem, was datengesteuert ist, geht es um Objekte, und alle Objekte benötigen Automatisierungen für jeden Prozess.“

Wie auch beim Gameplay in New Tales from the Borderlands bestimmen stets die Entscheidungen über die Ergebnisse. „Meiner Meinung nach muss diese Automatisierung relevant und intelligent erfolgen“, sagt Guignolle. „Man sollte Automatisierung nicht einfach nur einsetzen, um zu automatisieren.“